Schreck am Morgen

Gestern bin ich gegen 7:00 Uhr aufgestanden. Beim Aufziehen der Vorhänge zeigte sich ein wolkenverhangener trüber Himmel, es würde also im Tagesverlauf regnen. Wir befinden uns ja auch noch mitten in der „großen Regenzeit“ (April bis Juni)! Also alles normal und durchaus üblich. Ich ging die Treppen runter und wollte in der Küche Kaffeewasser aufsetzen, als es an der Hintertür klopfte. Alex, unser Tagesguard versuchte mir auf englisch irgendetwas zu sagen. Ich verstand jedoch kein Wort. Auch das war normal und so nickte ich nur, schloss die Tür und setzte Kaffeewasser auf. Als ich dann jedoch die Gardinen im Wohnzimmer zur Seite zog, schauten mich vier weitere Security-Männer an. Aber nur einen davon kannte ich, unsere Nachtwache- Donatien. DAS war jetzt unüblich!

Schnell zerrte ich meinen Mund-Nasenschutz aus einer Tasche hervor und ging zu den bereits heftig diskutierenden Männern in den Garten. Auf meine Nachfrage, was das hier alles zu bedeuten habe, wurde mir erklärt, dass in der Nacht Einbrecher auf unserem Grundstück gewesen waren und daher der Sicherheitschef persönlich gekommen war und ein Ermittler gerufen wurde.

Donatien’s Hände zitterten noch als er berichtete, dass er zwei Diebe gegen 3.00 Uhr morgens auf frischer Tat auf unserem Grundstück ertappt hatte. Sie wollten gerade über den Zaun flüchten. Ihre Fußspuren (barfüssig) waren auch am Morgen auf der regennassen Erde noch genau zu sehen und die Einmauerung des Zaunes war beim ersten Versuch darüber zu flüchten ausgebrochen. Donatien hatte versucht, die Diebe aufzuhalten und es war zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung gekommen, bei der sogar ein Klappmesser gezückt wurde. Eine leichte Schnittwunde an seinem Unterarm war sichtbar. Oh Gott! Davon hatten wir, tief schlafend, gar nix mitbekommen! Aber wieso hatte Donatien denn nicht laut um Hilfe gerufen oder sich irgendwie bemerkbar gemacht? Gott sei Dank war ihm nix Schlimmeres passiert aber der Schock stand ihm noch ganz deutlich ins Gesicht geschrieben.

Außer drei Paar Schuhen von Thomas und einer Standluftpumpe fehlte uns nix. Das leere Schuhregal stand wie zum Spott in der Ecke auf unserer Terrasse und schien uns sagen zu wollen: „Wer so dumm ist, Sachen auf der Terrasse stehen zu lassen, muss dafür bestraft werden.“

Der Vorfall wurde an RIB (Rwanda Investigation Bureau) übergeben aber große Ermittlungen werden selbstverständlich nicht stattfinden. Solche kleinen Einbrüche und Diebstähle sind leider üblich.

Für uns ist das alles andere als eine Bagatelle. Wir sind etwas beunruhigt. Es ist aus unserer Wahrnehmung vermutlich vielmehr ein Zeichen dafür, dass die Bevölkerung durch die langanhaltenden Corona-Schutzmaßnahmen, die Ausgangssperren und die zwei Lockdowns tatsächlich in Not ist und selbst einfache Sachen wie Schuhe und Lebensmittel dringend benötigt. Den Motorradhelm und unsere Fahrräder (auch alles auf der Terrasse abgestellt) haben die Diebe schließlich nicht im Visier gehabt. Teure „Muzungu-Dinge“ verkaufen zu wollen, stand also nicht auf ihrem Plan.

Bei einer Kollegin von Thomas wurde vor wenigen Tagen auch das Grundstück „besucht“ und die Diebe haben Kartoffeln mitgenommen. Ja, Kartoffeln! Das ist irgendwie beängstigend und traurig. Wir fühlen uns hilflos.

Unsere „Umudugudu Chefin“ haben wir auf jeden Fall über die Vorkommnisse der Nacht informiert und sie hat daraufhin die gesamte Nachbarschaft in Kenntnis gesetzt. Außerdem haben wir gebeten, über Hilfen für die Dorfbevölkerung nachzudenken. Aber das geht alles nur den hierarchischen Weg. Schließlich wollen und müssen wir uns hier einordnen und die Regeln befolgen. Das ist manchmal schwer aber es macht auf alle Fälle Sinn. Eigenmächtige Entscheidungen und Handlungen bringen nix sondern bewirken hier manchmal nur das genaue Gegenteil.

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