Macken im Alter

Unser gebrauchter, viele Jahre alter Land Rover hatte schon immer ein paar Macken. Die Tankanzeige funktioniert z. B. nicht, so dass wir unterwegs schon stehengeblieben sind, da das Benzin verbraucht war aber die Anzeige noch halbvoll signalisierte. Es ließ sich bisher auch die Heckfensterscheibe nicht mehr komplett hochschieben und so regnete es in den Kofferraum. Dort stand dann das Wasser in der extra für Werkzeug und Batterieladekabel vorgesehenen Bodenplattenvertiefung und alles rostete unbemerkt langsam vor sich hin. Die Bremsen quietschen und die Kupplung hakt. Den Rückwärtsgang einzulegen ist manchmal auch eine echte Herausforderung. Besonders wenn man mit angezogener Handbremse vor einer tiefergelegenen Betonregenrinne steht, das Auto wenden möchte und einfach nicht in den Rückwärtsgang kommt. Schweißperlen überall und feuchte Hände. Vom Puls will ich gar nicht erst reden.
Dann leuchtete seit kurzem eine „am steilen Hang Abwärtsfahrsperre“ (gelbes Symbol eines abwärtsfahrenden Autos mit einem Ausrufezeichen) Was soll mir das denn bitte sagen? Gar nix, richtig! Und so ignorierten wir das blinkende Symbol und hofften, dass schon nix Dramatisches ausfallen würde. Auch die Kühlwasseranzeige steigt beim Anfahren am Berg (und das passiert hier ja nun mal öfter) in alarmierend rotleuchtende Höhen. Aus Mangel an der richtigen Kühlflüssigkeit, die man nicht einfach an der Tankstelle kaufen kann, hatte Thomas bereits einmal aus Sicherheitsgründen normales Wasser nachgefüllt. Daraufhin hatte man dann Gefühl das Auto bricht gleich auseinander, so röhrte und dröhnte das alte Teil. Es kann auch passieren, dass das schwere Fahrzeug mit angezogener Handbremse und eingelegtem erste Gang aus der Parkposition rollt und ich noch einmal mit extra Kraft und zitternden Händen die Handbremse ziehen muss. Man weiß nie, was passiert und warum, aber das alles trägt für mich nicht dazu bei, gern und häufiger Auto zu fahren.
Nun hatte auch Thomas genug von den kleinen Störungen und wir bekamen über einen Bekannten einen Automechaniker vermittelt, der sogar am Samstag zu uns nach Hause kam. Mit einem kleinen Bündel von eingewickelten Werkzeugen in der Hand stand er vorm Tor. Die sprachliche Verständigung ging natürlich nicht aber Thomas demonstrierte alle Fehler am Auto sehr praktisch und eindeutig. Verständnisvolles Nicken! Es begann ein wildes Hin- und Herklicken mit der Fernbedienung der Zentralverriegelung am Autoschlüssel. Danach wurde vom Fachmann die Frontklappe geöffnet und unter die völlig verdreckte Motorhaube geschaut. Konnte man da tatsächlich noch was erkennen? Einige Minuten tief vorn über gebeugt, suchte unser Automechaniker nach Dingen, die für unser Auge ohnehin unsichtbar waren. Er schraubte hier und da, rüttelte und klopfte und… war fertig. Die noch offenen Autotüren wurden schwungvoll geschlossen, alles erledigt! Der Rest sollte am nächsten Tag in einer Werkstatt fertiggestellt werden. Sehr gut! Doch Moment mal, wo war der Autoschüssel? Zu! Das Auto war komplett verschlossen, der Schlüssel jedoch lag noch auf dem Fahrersitz. Alles verriegelt und verrammelt!
Zu allem Überfluss begann es auch noch zu regnen. Wir wollten eigentlich noch eine Einkaufsfahrt machen, um für unser zweites Plätzchenbacken am Sonntag einzukaufen aber nun war erst einmal PAUSE angesagt. Es regnete richtig heftig. Wir hatten kein Idee, was nun passieren sollte aber unser Techniker schien ganz entspannt. Er stand unter unserem Terrassenvordach und quatschte mit unserem Security-Guard. Ein fachlich-technischer Austausch unter Männern!?
Thomas bot beiden Tee und Kaffee an, trug Stühle zum Sitzen raus und so schauten unsere beiden Experten regensicher dann etwas ratlos auf das verriegelte Auto.

Wie würde das weiter gehen? Es war Wochenende, Samstag, Spätnachmittag und auch hier in Kigali wird es dann ruhiger und am Sonntag ist alles geschlossen. Das Auto würde Thomas jedoch für seine tägliche Fahrt zur Arbeit brauchen.

Für uns unbemerkt kam irgendwann plötzlich irgendwoher eine lange dünne Eisenstange zum Vorschein und zum Einsatz.  Allerdings war der Techniker extra noch einmal mit einem Mototaxi losgefahren, um dieses „Spezialwerkzeug“ zu holen.  Und wie im Film war eins, zwei, drei unser Auto von unserem Autospezialisten „aufgebrochen“ . Dazu hielt unser Security-Guard noch schützend den Regenschirm über ihn. Es war ein  lustiges aber auch befremdliches Bild. Mit einigen neuen Kratzern am Türrahmen konnten wir gut leben. Es waren ja ohnehin noch unzählige andere vorhanden. Doch zu wissen, wie schnell ein Auto aufgebrochen werden kann, liess uns ein wenig hilflos zurück.

Nun aber fix! Rein ins Auto und ab in die Stadt zum Wochenendeinkauf und noch einen kleinen Abstecher auf den Weihnachtsmarkt im Serena Hotel. Wir mussten unterwegs nur kurz anhalten, um auf Google Maps den Weg zu checken und schon ging´s weiter. Nein, ging es nicht! Denn unser Auto sprang nicht mehr an! Kein einziger Laut kam beim Starten des Motors nur ein leises Klicken und wir standen mitten vor einer Einfahrt in ein Notfallkrankenhaus. Sofort sprang ein verärgerter Sicherheitsmann herbei und erklärte uns ganz aufgeregt, wir müssten umgehend das Auto wegfahren. Ja doch, aber es geht gerade nicht! Dafür hatte er kein Verständnis und so wurden meine Erklärungsversuche lauter und hektischer! Thomas hatte unterdessen 2 weitere Passanten angesprochen und gemeinsam schoben sie das schwere Auto aufwärts einige Meter auf eine freie Stelle am Straßenrand. Ich versuchte drinnen zu lenken aber das Lenkradschloss war eingerastet, also keine Chance. Nur jetzt ganz langsam rückwärts bergauf!

Auch ein Abschließen war nicht mehr möglich, da die Zentralverriegelung nicht mehr funktionierte. Na wunderbar, zwei Fester standen offen aber wenigstens regnete es ja gerade nicht. Das hatten wir doch alles auch schonmal. Oh je, das ist bestimmt wieder die kleine Flachbatterie aus der Fernbedienung der Zentralverriegelung. Durch das ewige Hin- und Herklicken während der Autoreparatur hatte sie sich entladen?! Doch wieso sprang dann das Auto gar nicht mehr an? Komisch, aber alles war bestimmt erklärbar, nur wir verstanden es gerade nicht. Also gingen wir zu Fuß 20 Minuten ins Stadtzentrum und kauften dort völlig
überteuerte runde Batterien. In einem Laden sollte eine der „guten Importware“ 20 EUR kosten aber da verweigerte Thomas den Kauf und wir suchten weiter.
Schließlich ergatterten wir 2 Stück für 10 EUR und liefen entnervt zurück zu unserem offenen Auto. Nun aber! Batteriewechsel in der Fernbedienung und klick, klick… doch es tat sich nix. Das Auto gab weiterhin keinen Laut mehr von sich und auch die Verriegelung blieb erfolglos.
Nun war unsere letzte Hoffnung ein erneuter Anruf bei unserem Bekannten, der uns den Automechaniker vermittelt hatte. Er versprach dann auch, umgehend jemanden zu unserem aktuellen Standort zu schicken. Es war ihm auch sehr peinlich, dass mit dem Auto nun gar nix mehr ging und alles „verschlimmbessert“ war. Wir warteten noch einmal 20 Minuten bis ein anderer Automechaniker kam. Auch er öffnete die Motorhaube, schraube an der Batterie herum und…das Auto sprang an. Ein Kontakt hatte sich (angeblich) gelöst und die Batterie konnte sich dadurch vermutlich nicht mehr richtig aufladen. Eine wirkliche Erklärung fanden wir nicht und das alles war schon sehr seltsam aber egal, das Auto sprang wieder an. Zur Sicherheit fuhren wir zu dritt gleich zu einer nahegelegenen Werkstatt, bekamen dort einen Ölwechsel, die fehlende Kühlerflüssigkeit und Luft auf die Reifen.

Für Sonntag 8:00 Uhr war nach wie vor die „große Durchsicht“ geplant, und wir sollten das Auto in eine andere Werkstatt bringen. Solange der Land Rover danach besser fahren und sicherer funktionieren würde, waren wir zufrieden.
Die Autoübergabe zum Werkstatttermin klappte widererwarten auch ganz wunderbar und reibungslos. Am Abend wurde uns das reparierte Auto nach Hause gebracht mit der Aussage „…nun würde auch der Allradantrieb endlich funktionieren!“ Wie bitte! Der ging bisher gar nicht? Wie kann das denn sein? Kann man den an- und ausschalten? Im Gelände und in den Nationalparks waren wir immer mehr als froh über unseren (nicht vorhandenen) Allradantrieb. Egal, ich bin ab sofort nur noch Beifahrerin. Man weiß ja nie, was sich in einiger Zeit nachträglich noch so alles herausstellt und nicht funktioniert. Vielleicht fahren wir ja auch gar kein Auto, sondern…?

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