Am Samstag haben wir uns nach der Arbeit spontan nach Solapur auf den Weg gemacht. Endlich mal wieder Großstadtluft (1 Mio Einwohner) schnuppern. Solapur ist 80 km von unserem Dorf entfernt und daher hatten wir uns für eine Busfahrt entschieden. Die Fahrt dauerte drei Stunden und wir mussten in Sangola umsteigen. Es ist sehr abenteuerlich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs zu sein, da es keine wirklichen Fahrpläne gibt. Der Bus fährt halbstündlich, ob das jedoch 14:30 und 15:00 Uhr ist oder 14:45 und 15:15 Uhr ist nicht in Erfahrung zu bringen. Eine Antwort auf die Frage wann denn der Bus fährt, ist z. B. auch „nach dem roten Bus dort an der Ecke“. Hmm, und wann fährt der nun wieder? Egal! Unser Bus fährt erst nach diesem, also haben wir noch Zeit. Wie viel Zeit wir haben, wissen wir jedoch nicht. So machen wir mal wieder das, was uns am schwersten fällt…warten!

Als wir 17 Uhr im Bus sitzen, stellen wir fest, dass wir unsere Reisepässe nicht dabei haben. Somit könnte das Einchecken im Hotel schwierig werden. Kann man jetzt nicht ändern, der Bus fährt.

In Solapur 20 Uhr angekommen, sind die ersten beiden Hotels die wir anfragen, ausgebucht. Es findet wieder mal ein Festival stattfindet, das Ambedkar-Festival, 9 Tage lang und am Wochenende ist jetzt der Höhepunkt. Ambedkar ist der hochverehrte Anwalt, der die Indische Verfassung erstellt und Rechte für die niedrigste Kaste, die „Unberührbaren“ erstritten hat.

Damit wir nicht länger im Dunkeln umherirren, bucht Thomas online ein Hotel und wir laufen mit Hilfe von Google Maps gemütlich dorthin. Für 30€ ein Doppelzimmer im 5. Stock mit Blick über die City, kleiner Dachterrasse, AC, kostenlosem Internetzugang und sogar Frühstück… na das ist doch mal was! Wir duschen ausgiebig, sind allerdings gleich wieder durchgeschwitzt und gehen dann noch mal in die City etwas essen. Lecker! Und alles vegetarisch!

An sich hat Solapur nicht so viele Attraktionen für Touristen zu bieten. Daher sind wir auch die Einzigen unserer Art in der Stadt und werden ständig von Einheimischen belagert und nach Selfies gefragt. Das nervt!
Der Unterschied zwischen Stadt und Land fällt einem sofort in’s Auge. Man hat das Gefühl, dass die Jugendlichen sich viel freier bewegen, nicht so eingeengt und in Regeln eingezwängt. Das ist allein schon daran erkennbar, dass die Selfies auch von Frauen ganz selbstbewusst angefragt werden, die weniger im Sari sondern durchaus westlich gekleidet sind. Sie promenieren durch die Straßen- die Konsumgesellschaft ist in Indien angekommen.

Wir spazieren an einer alten Festung entlang, besuchen einen Tempel am See, schlendern über den lokalen Foodmarket und bummeln etwas durch die Stadt. Um die große Mittagshitze zu überstehen shoppen wir in klimatisierten Stores Hemden und Schuhe für das Ex-Geburtstagskind.

In der Innenstadt hält man es nicht lange aus, da sich alle auf den Festumzug am Abend vorbereiten und Menschenmassen unterwegs sind. Es fahren riesige Trucks im Schritttempo mit gigantischen Ambedkar- Figuren, Fotos, Tempelnachbildungen etc. Davor oder dahinter schieben kleine Traktoren mächtige Batterien, die die noch mächtigeren Musikboxen und -anlagen mit Strom versorgen. Die Beats wummern und die Boxen dröhnen …indische Love Parade. Wir fühlen uns wie in Berlin! Nur sind wir unter vielen die Fremden, die genau beobachtet werden.

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.