Gegensätze

In Kigali begegnen uns oft enorme Gegensätze. Es gibt einerseits teure und gut ausgestattete Privatschulen und andererseits staatliche Schulen, denen es an der Basisausstattung mangelt. Kleine dunkle Lehmhütten stehen im Kontrast zu riesigen Einfamilienhäusern mit großen Gärten und mannshohen Zäunen, die eher einem Palast als einem Haus gleichen. Man kann eine Flasche Wein aus Südafrika für 50 EUR und mehr erwerben aber auf dem Land mangelt es an Trinkwasser. Eine Designer-Boutique stellt Kleidungsstücke aus edlen Stoffen her, besetzt mit traditioneller Perlenstickerei. Die Dorfbevölkerung ist dagegen im wahrsten Sinne des Worte in Sack und Leinen gehüllt. Am Straßenrand stehen hungernde Kinder mit dicken Blähbäuchen. Muzungus können jedoch die gesamte Bandbreite der internationalen Küche in der Hauptstadt Rwandas geniessen und sogar ein erlesenes Gourmet-Restaurants besuchen. Zu letzteren zählen auch wir.

Es ist nicht einfach, die täglich wahrnehmbaren Gegensätze hier in Rwanda zu ertragen und auch selbst noch ein Extrempol davon zu sein. Bisher habe ich noch keinen befriedigenden Umgang für mich damit gefunden, dass wir uns alles und andere sich gar nichts leisten können. Dass wir so viel und andere gar nichts haben. Ich bemühe mich, umwelt- und sozialverträglich meinen befristeten Aufenthalt hier in Rwanda zu gestalten. Trotzdem fällt es mir schwer, dauerhaft auf schöne Dinge zu verzichten, weil die überwiegende Mehrheit sie sich nicht leisten kann. Ich hoffe, dass ich mit meinem Konsum hier in Kigali wenigstens die Einheimischen unterstütze, die innovativ und arbeitsam sind und die versuchen, sich mit Nischenprodukten oder mit Dienstleistungen für Muzungus ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Damit unterstützen sie nicht nur ihre eigenen und oft großen Familien sondern hoffentlich auch einige andere Landsleute. Das hilft mir, mein tägliches schlechtes Gewissen ein wenig zu beruhigen.

So leiste ich mir also weiterhin Massagen von blinden Frauen der NGO „Seeing Hands“ oder ein wahrhaftiges Gourmet-Essen im „Meza Malonga“. Das Restaurant wird von dem 28-jährigen Congolese Dieuveil Malonga geführt, der aus aller Welt und natürlich ganz besonders aus Afrika stammende, seltene Gewürze sammelt und diese in erlesenen exotischen („Afro-fusion“) Speisen verwendet. Er hat eine gastronomische Ausbildung in Deutschland in Michelin-Sterne Restaurants absolviert und sein Business in Kigali aufgebaut.

Da eine Freundin vor zwei Wochen Geburtstag feierte, hatten wir die Ehre, sie in diese gastronomische Besonderheit zu begleiten.

Das „Meza Malonga“ ist ein unauffälliges kleines Restaurant in einer Seitenstraße Nyarutaramas. Kein Schild deutet daraufhin, dass man dort ganz vorzüglich speisen kann. An nur vier 4-er Tischen wird eine begrenzte Anzahl an Gästen auf Bestellung mit einem monatlich wechselnden Menü bewirtet. Dazu gibt es selbstverständlich die passenden Weine und einen ganz phantastischen Blick auf die Stadt.

Uns erwartete ein 8- Gänge Menü, von dem ich nicht mehr genau weiß, was ich da eigentlich alles gegessen habe. Der Chef persönlich hat alle einzelnen Speisen serviert und am Tisch die Zusammenstellung erklärt sowie die verwendeten Gewürze vorgestellt. Jedes der kleinen Gerichte war geschmacklich einmalig und alle waren auf irgend eine Art und Weise mit essbaren Blüten oder Blättern verziert. Serviert wurde teilweise ebenfalls in außergewöhnlichen Gefäßen wie z. B. kleinen Reagenzgläsern oder mit schwarzen Bohnen ausgelegten Holzkästen und das Dessert wurde auf einem Lavastein angerichtet. Sehr originell!

Für jedes Menü zahlt man pro Person 50 EUR und zusätzlich die Getränke, die man separat bestellt. Dabei kann man stets zwischen einem Weisswein und einem Rotwein wählen. Sekt als Aperitife und ein selbst gebrauter Obstler aus exotischer Frucht als Digestif sind selbstverständlich auch möglich.

Und da war es dann wieder mein schlechtes Gewissen, doch schön war es trotzdem!

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