Corona ist nicht nur eine Biermarke

Offiziell hat am 13.03. die Corona-Krise auch hier in Rwanda begonnen. Es gab an diesem Tag, und es war wirklich Freitag der 13., in Kigali den ersten bestätigten Corona-Infizierten.
Die Erschütterung in meinem sozialen Umfeld (Fitness-Studio, Sicherheitsguards, unmittelbare Nachbarschaft) darüber war groß, da bisher die Ansicht bestand, Afrikaner bekommen das Virus nicht. Eine entsprechende Nachricht hatte sich über die sozialen Medien verbreitet und führte als Gründe die genetischen Voraussetzungen und die Hautpigmentierung an. Außerdem gab es zunehmend zahlreiche Wortmeldungen religiöser Führer oder selbst ernannter Propheten, die behaupten, Gott würde alle Gläubigen schon schützen und man brauche sich um nichts sorgen. Das bereitete jedoch mir große Sorge! Ich versuchte in WhatsApp Gruppen sachliche Nachrichten der WHO zu posten oder auch Tweets der Ministerien unterzubringen. Im Fitness-Studio wurde auf meine Initiative hin und mit Unterstützung der Trainer ein rudimentäres Hygieneprogramm (Händewaschen vor und nach dem Betreten der Sporträume sowie Geräte desinfizieren) eingeführt. Das entsprach zwar in keiner Art und Weise irgendeinem Standard aber die Bemühungen waren immerhin ersichtlich. Es fehlte leider an allem: Lappen, Desinfektionsmittel, Einmalhandschuhe und natürlich das individuelle Verständnis, warum das nun alles nötig sein sollte. Mit diesen Maßnahmen brauchten wir uns auch nur zwei Tage befassen, da bereits für Montag, 16.03. drastische Maßnahmen durch das Ministerium für Gesundheit angekündigt wurden:

1. Schulen und Kitas bleiben für die kommenden 14 Tage geschlossen

2. Homeoffice für die nächsten 14 Tage, wo auch immer möglich

3. Hände waschen
4. Abstand halten (mind. 1,5 Meter)
5. keine Gruppentreffen und -ansammlungen
6. so wenig wie möglich Bewegung in der Öffentlichkeit

Daher wurde das Fitness-Studio bis auf weiteres geschlossen. Das ging dann ja mal ganz schnell und die Maßnahmen waren auch gleich recht umfangreich. In der in Rwanda bestehenden „Demokratischen Diktatur“ (so sagen die Muzungus zu der Staatsform hier) sind solche Maßnahmen schnell angeordnet, über soziale Medien bis in den kleinsten Winkel des Landes verbreitet und durch die Polizei bzw. Sicherheitskräfte sofort umgesetzt. Da gibt es keine unnötigen Diskussionen, ob das nun angebracht und angemessen ist. Gesagt, getan und kontrolliert! Für diese Situation genau das Richtige! So waren am Montag vor allen öffentlichen Einrichtungen wie z. B. Hotels, Supermärkten, Banken, Ministerien, Restaurants usw. kleine mobile Plastik-Waschbecken aufgestellt. Davor patrouillierte Polizei und forderte jeden/jede auf, sich die Hände zu waschen.
Allerdings gibt es für den Privatgebrauch auch hier kein Desinfektionsmittel. Einer unserer Nachbarn hat jedoch eine Firma, die Wasch-und Desinfektionslotionen produziert. Ihn hatte ich umgehend angefragt und er hat mir nach einigen Tagen Wartezeit 5 Liter für 40 EUR verkauft. Wucher! Aber er erklärte, seine Zulieferer von Ethanol hätten die Preise erhöht! Egal! Wir hatten nun einen Kanister an Desinfektionsmittel und verteilten den Inhalt auch gleich in kleinen Sprühflaschen an unsere Guards und an unsere Haushaltshilfe. Sie können sich diese Preise auf keinen Fall leisten. Daher freuten sie sich sehr, dass nun auch ihre Familien „sicher“ seien.

Thomas und ich hatten Montag früh 8:00 Uhr für unseren klapprigen Land Rover einen Termin beim TÜV. Na ja, das heißt hier anders, ist aber inhaltlich identisch. Wir waren unsicher, ob dieser Termin überhaupt stattfinden würde, schließlich handelt es sich um eine Behörde, aber wir wollten es wenigstens versuchen. Was konnte schon passieren, als dass wir unverrichteter Dinge zurückgeschickt würden. Doch was wir am frühen Montagmorgen erlebten, war für uns völlig unerwartet. Mit aufwendiger Polizeipräsenz wurden alle ankommenden Fahrzeugführer bereits beim Befahren des Geländes geleitet. Jeder Einzelne wurde aufgefordert, sich in einer Reihe und mit einem Abstand von 1,5 Metern zum Vordermann aufzustellen und nach und nach die Hände zu waschen. Auf der einen Seite erfolgte die Kontrolle der Autopapiere und ggf. das Erstellen notwendiger Kopien. Auf der anderen Seite begannen die ersten Fahrzeugüberprüfungen. Selbst in den überdachten Wartebereichen wurde akribisch durch die Security darauf geachtet, dass immer zwei Stühle zwischen den Wartenden frei blieben. Es war eine erstaunliche Ruhe und Gelassenheit in den klaren Anordnungen. Kein Kreuz- und Querlaufen, kein hektisches Durcheinander. Ordnung und Struktur, wie man es in Deutschland nicht besser hätte erwarten können. Wir fühlten uns gut aufgehoben und sicher geleitet. Nach einer Stunde fuhren wir auch tatsächlich und für uns ebenfalls unerwartet mit einem neuen TÜV-Schein vom Hof.

In den nächsten Tagen wird sich das gesamte Ausmaß der Corona-Pandemie hier in Rwanda zeigen. Noch sind wir, auch aufgrund der staatlich ergriffenen Maßnahmen, relativ gelassen.

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